Die Pfarrkirche St. Alban in Gabsheim
Baugeschichte

Die katholische Pfarrkirche St. Alban in Gabsheim ist eine spätgotische, dreischiffige Hallenkirche mit drei Jochen und einem Chor mit 5/8 Abschluss und einem Joch. Chor und Kirchenschiff entstammen verschiedenen Bauzeiten. So wird die Entstehungszeit des Chors in das ausgehende 14. bis beginnende 15. Jahrhundert datiert, die des Schiffs und des Turms dagegen in die ersten Jahre des 16. Jahrhunderts, etwa die Zeit um 1509. (Weiteres s. unten). Die Längsachse der Kirche verläuft in West-Ost-Richtung, im Westen der Turm, im Osten der Chor. Der Chor ist zur Längsachse des Kirchenschiffs leicht abgewinkelt. Diese Abweichung des Chors von der Hauptachse des Kirchenschiffes (in der Literatur oft Achsknick bzw. Achsenknick genannt) findet sich auch in vielen anderen Kirchen. Es werden hierfür verschiedene Ursachen angeführt. Eine ist mystisch-theologisch, die Abweichung soll nämlich, der Überlieferung nach, das geneigte Haupt Christi am Kreuz symbolisieren. Die heutige Forschung nimmt jedoch eher Bezug auf die Ausrichtung von Bauteilen nach dem Sonnenaufgang am Tag der jeweiligen Grundsteinlegung oder dem Festtag des Kirchenpatrons. Mehr dazu in Wikipedia unter Achsknick.
Grundriss Kirche Gabsheim (c) R. Post
Die heutige Kirche steht an der Stelle von Vorgängerbauten, über deren Größe und Aussehen nichts überliefert ist. Auch gibt es keine Hinweise, dass beim Ausheben von Gräbern, dem Erweiterungsbau der Sakristei oder bei dem Eingraben des Öltanks für die Kirchenheizung Fundamentreste früherer Bauwerke zutage getreten sind.

Der erste urkundliche Hinweis auf eine Kirche in Gabsheim entstammt einer Urkunde vom 21. Nov. aus dem Jahr 1184, in der sich das Benediktinerkloster St. Alban bei Mainz von Papst Lucius III. bestimmte Privilegien bestätigen läßt. In dieser Urkunde werden neben verschiedenen Privilegien auch zahlreiche zum Kloster St. Alban gehörige Kirchen und Kapellen aufgezählt. Darunter ist auch von einer "Eccl(esi)am in gessbosheim" (Kirche in Gabsheim) die Rede.

Urkunde Papst Lucius 1184

Diese Urkunde und auch der Name des Kirchenpatrons, St. Albanus, zeigen deutlich den Einfluss des Klosters St. Alban bei Mainz auf die Kirche von Gabsheim. Dieses Kloster hatte seit dem frühen Mittelalter umfangreichen Grundbesitz in Gabsheim und auch einen Fronhof, den sog. Albanshof (in der heutigen Kirchgasse). Außerdem verweisen die "Albanusgärten" links vom Goldbach ebenfalls auf diesen Klosterbesitz. Die Pfarrkirche gehörte ebenfalls zum Kloster St. Alban, denn am 16. Januar 1341 
inkorporiert der Mainzer Erzbischof Heinrich (Heinrich III von Virneburg) die Pfarrkirche von Gabsheim dem Prior und Konvent von St. Alban. Das Patronatsrecht an der Kirche steht dem Abt zu, der dazu auch seine Zustimmung gegeben hat (Baur, Hess. Urkunden I, Nr, 568). Nach einer Vereinbarung vom Jahre 1518 waren die Herren von St. Alban (1419 war das Benediktinerkloster St. Alban in ein Ritterstift umgewandelt worden) verpflichtet, den Chor zu bauen und instand zu halten, die Kirchengemeinde das Kirchengebäude, während die Gemeinde für den Turm zuständig war (s. unten stehender Textausschnitt aus dem Jahr 1722, in dem auf die Vereinbarung von 1518 hingewiesen wird, HStA Darmst. O1A, 49/14, Bl. 5r).

Urkunde zu 1518

Ein genauer Zeitpunkt für die Errichtung von Chor, Kirche und Turm kann nicht angegeben werden, denn es gibt dazu weder Bauinschriften noch urkundliche Hinweise. Man muss also die Bauzeit der Kirche anhand stilistischer, bautechnischer und anderer Hinweise einzugrenzen versuchen. In bisherigen Beschreibungen spielen hierbei die Steinmetzzeichen eine wichtige Rolle. An verschiedenen Stellen kann man dazu lesen, dass an der Gabsheimer wie Bechtolsheimer Kirche dieselben Steinmetzzeichen auftauchten, woraus man schließen könne, dass beide Kirchen um die gleiche Zeit gebaut worden sein müssen. Da die Bechtolsheimer Kirche laut einer Urkunde zwischen 1482 und 1487 gebaut wurde, nimmt man an, dass auch das Kirchenschiff in Gabsheim um die gleiche Zeit gebaut worden sein muss. Offensichtlich hat aber niemand die Behauptung von den gleichen Steinmetzzeichen in Bechtolsheim und Gabsheim überprüft. Betrachtet man nämlich die bei Karl Oberle (Geschichte von Bechtolsheim, 2. Aufl. 1995, S. 96) dokumentierten Steinmetzzeichen oder besucht die Kirche in Bechtolsheim und vergleicht die Steinmetzzeichen dort mit denen aus Gabsheim, so finden sich keinerlei Übereinstimmungen. Lediglich ein Zeichenpaar, das sich in Bechtolsheim an den Innenpfeilern und in Gabsheim an den Eingangstüren vorfindet, könnte zusammengehören, wenn man die unterschiedlichen Proportionen, Winkel und die Spiegelverkehrtheit ignoriert. Dies wäre aber dann nur eine Übereinstimmung bei insgesamt mehr als zehn Steinmetzzeichen.
Sind diese Steinmetzzeichen vom gleichen Handwerker?
links: an der Kircheneingangstür in Gabsheim
rechts: an einem Innenpfeiler der Bechtolsheimer Kirche
Nicht beachtet in der Literatur ist bisher die Übereinstimmung eines Steinmetzzeichens aus Gabsheim mit einer Entsprechung an der Berggkirche in Udenheim. Mehr dazu unter Steinmetzzeichen.

Friedhelm Wilhelm Fischer, dessen kunsthistorische Beschreibung der Gabsheimer Kirche später noch eingehnder betrachtet wird, stützt sich bei der Datierung vor allem auf stilistische Vergleiche mit anderen Sakralbauten und kann eindeutig Beziehungen zur sogenannten Meisenheimer Schule und ihres Meisters Philipp von Gemünd (†1523) herausarbeiten. Er datiert die Gewölbefertigstellung im Langhaus zwischen 1509 bis spätestens 1518. Der Chor ist etwa 100 Jahre früher erbaut, er stammt aus dem späten 14. oder frühen 15. Jahrhundert (ca. 1390-1410). Abweichend hiervon gibt Ernst Stephan in seiner Darstellung zu den Baudenkmälern des Kreises Alzey (in: Alzeyer Geschichtsblätter 2 (1965), S. 145) an, dass die Kirche in Gabsheim 1465-1468 erbaut worden sei, ohne jedoch zu belegen, wie er zu diesen Zahlen kommt. Im Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Band Pfalz und Rheinhessen, von Georg Dehio / Ernst Gall, 2. Aufl. München, Berlin 1961, S. 50 wird die Erbauung des Schiffs auf ca. 1490 datiert. Wir können also für die Fertigstellung des Kirchenschiffs ungefähr die Zeit zwischen 1490 bis 1510 annehmen.


Kirchenrenovierungen

Seit der Erbauungszeit hat die Gabsheimer Kirche keine wesentlichen Umgestaltungen erfahren.
Noch im Jahr 1688 muss aber zwischen Chor und dem Kirchenschiff ein Gemäuer, wohl eine Art Lettner gestanden haben, der den Blick auf den Altar verwehrte. Jedenfalls mahnt der Mainzer Erzbischof Anselm Franz von Ingelheim im Jahr 1688, dieses Gemäuer zu entfernen, indem er an Dalberg schreibt:
Wir werden berichtet, daß in der Kirch zu Gauspitzheimb der prospekt [Blick] auf den Hohen altar durch ein vorm Chor stehendeß Gemäur verhindert werde, dessen amotion [Entfernung] die Patres Misionary zwar vor guth befunden, vnd angeordnet, biß dahero aber noch nicht exequirt [durchgeführt] worden. Weil nun soliches zu erweckung mehrer andacht bey dem Volck gereichet, so wollen Wir Unß zu dir Versprechen, du werdest die wegraumung solichen gemaurs anzuschaffen dir angelegen sein laßen. (HStA Darmst. O 1 A 49/14, Bl. 1r.).

Nach dem unten aufgeführten Bericht von 1722 wurde im Jahr 1693 der Turm, "welcher in der französischen Kriegszeit im Helm abgekürzt und abgehauen worden" war, neu aufgebaut. Mit der französischen Kriegszeit sind die Kriege Ludwigs XIV gemeint; man hatte damals den Turm in seiner oberen Hälfte niedergelegt, vermutlich, weil Balken, Eindeckung und Glocken als Kriegsbeute gebraucht worden waren oder aber dass man den Turm kürzte, damit er die Lage des Dorfes hinter dem ulmenbewachsenen Dorfgraben nicht verrate.

Dokument Turm abhauebn
desgleich(en) auch die gemeind den thurn, welcher in der
französisch(en) Kriegs Zeith im Helm abgekürtzt und
abgehau(en) worden, zum 2t(en) mahl erbauen und wieder
uffrichten müssen, welches die gemeind über 600 fl ge-
costet, geschwaig(en) das, waß die angeschaffte Neue Klock(en)
nachdem die andern von den frantzoßen abgenomm(en)
waren worden, uns vor große cost(en) verursacht

1722 war das Kirchendach sehr schadhaft, wie der Bericht des Kirchenjuraten (Kirchengeschworener, Kirchenvorstand) Johannes Diel an Dalberg darlegt: daß hießiges Kirchentach sehr bawfällig, vnd zu repariren, höchst nötig seye, wann anderst dem Kirchengewölb, durch die darauff haüfig fallende, und albereit ahn 3 orthen stark durchtringende regen, nicht ein Merklicher schaden zugefügt werden solle.  Nach der Besichtigung durch einen Zimmermann und einen Leidecker [Schieferdecker] müssen verfaultes Balken- und Lattenwerk im Dachstuhl ersetzt und das Dach mit Leien-Stein [Schiefer] ausgebessert werden. Die veranschlagten Kosten beliefen sich auf 147 Gulden, 2 Alb(us) und 4 Den(are). (HStA Darmst. O1A, 49/14, Bl. 6r).
Am 10.07.1768 wurde nach dem Gabsheimer Pfarrbuch (DDA Mz Best. 52, Nr. Gabsheim 2, S. 164) und einer Aufstellung der Weihehandlungen des Mainzer Weihbischofs Christoph Nebel die Gabsheimer Kirche St. Alban konsekriert und dediziert. Der Grund für diese (erneute) Konsekration ist nicht ganz ersichtlich. Entweder wegen gravierender Renovierungs- und Umbauarbeiten oder aber durch eine zuvor stattgefundene Entweihung im Zusammenhang mit Kriegsereignissen?
Im Laufe der letzten Jahrhunderte erfolgten mehrere Renovierungen. Eine zwischen 1836 und 1840 (LA Speyer, H51, 484). Georg Palzer, Gabsheimer Chronik S. 539 erwähnt, dass bei der Renovierung im Jahr 1840, das der Sakristei gegenüberliegende Chorfenster zugemauert worden sei.

In den Jahren 1864-1866 wurde der Turmhelm erneuert. Man beabsichtigte damals nur eine Ausbesserung; als man aber an die Arbeit ging, zeigte es sich, daß das ganze Holzwerk wurmstichig war und eine vollständige Erneue­rung nicht zu umgehen war. Die Kosten kamen auf 5000 Gulden. Auch eine neue Turmuhr und neue Glocken wurden im Gefolge dieser Erneuerung angeschafft. Eine Glocke wurde nach Udenheim verkauft (LA Speyer H 51, 803; Brilmayer, K. J. (1905), S. 436). Das Holz des alten Glockenstuhls wurde versteigert (LA Speyer, H51, 484).

Unter Pfarrer Vogeler wurde im Jahr 1877 von dem Mainzer Maler Valentin Volk die Kirche neu ausgemalt. Inwieweit sich der Maler an eventuell vorhandenen frühere Malereien orientierte, ist nicht bekannt. Zur gleichen Zeit wurde eine neue hölzerne Empore im neugotischen Stil eingebaut und mit neuen Bänken versehen (
LA Speyer, H51, 484). Sie wurde von Baumeister Linus entworfen und von Schreinermeister Johann Gill, Mainz, Pfaffengasse, im November 1876 gefertigt.

Das Dach des Kirchenschiffes wurde unter Dekan Weber 1893 vollständig erneuert, da das ganze Holzwerk wurmstichig geworden war. Den Entwurf dazu fertigte Architekt Peter Grode in Gießen, ein geborener Gabsheimer. (Palzer, S. 546).

Nach dem oben genannten Handbuch von Dehio/Gall hat im Jahre 1909 eine weitere Restaurierung stattgefunden, über deren Umfang heute nichts mehr bekannt ist. Palzer (S. 546) nennt eine Außensanierung im Jahr 1910 unter Pfarrer Krastel. Etwa um 1910 sollte die Kirche wieder neu ausgemalt werden. Auf Anregung der Denkmalpflege reichte Prof. Linnemann einen künstlerisch hochstehenden Entwurf ein, doch infolge des Ersten Weltkrieges und der darauf folgenden Geldentwertung kam es nicht mehr zur Ausführung des Entwurfs (so Georg Palzer, S. 539). Abweichend davon behauptet Ernst Stephan in seiner oben genannten Darstellung S. 145, dass die Kirche in Gabsheim 1908/09 von Prof. Linnemann neu ausgemalt worden sei (ohne Quellenangaben).

Eine umfassende Renovierung erfolgte dann 1933/1934, in den ersten Jahren des Wirkens von Pfarrer Lederer, der 1932 nach Gabsheim kam. Der folgende Zeitungsartikel informiert über die durchgeführten Renovierungsmaßnahmen:


Zeitungsartikel ohne Angabe von Quelle und Datum
(wohl Ende Dezember 1934) über eine umfassende Renovierung der Gabsheimer Kirche.




Nicht im Zeitungsartikel erwähnt ist die Erweiterung der Sakristei, die aber um die gleiche Zeit erfolgt ist.

Anbau Sakristei 1934

Erweiterung der Sakristei und Neuerrichtung
des Dachstuhls über dem Chor der Kirche
im Jahr 1934

links neben der Leiter der Bauunternehmer
Peter Illy aus Gabsheim

Die letzte umfassende Renovierung im 20. Jahrhundert, sowohl von außen als auch von innen erfolgte unter Pfarrer Winfried Wocker in den Jahren 1970 und 1971. Sie ging einher mit einer Sanierung und einem Neuanstrich der Außenfassade, der Neueindeckung des Kirchturms (1978) und einer umfassenden Umgestaltung des Innenraums, die die Empore, den Hauptaltar, die Fenster, Bänke und die Orgel betraf. Einzelheiten hierzu finden sich u. a. in den Menüpunkten Innenraum, Ausstattung, Fenster.


Neuer KirchturmhahnZwischen 2013 und 2017 musste wieder eine umfangreiche Außensanierung durchgeführt werden, da gravierende Schäden in der Schiefereindeckung des Kirchenschiffs,des Chors und des Turms zu beheben waren.Unter Leitung von Kirchenarchitekt Alwin Bertram, Rüdesheim a. d. Nahe, musste an vielen Stellen des Kirchen- und Sakristeidaches sowie im Turmhelm, schadhaftes Balkenwerk ausgetauscht oder verstärkt werden, die Dachrinnen wie der Blitzschutz erneuert und der Turm umfassend saniert werden. Durch Witterungseinflüsse, besonders Stürme, waren am Turm Blechabdeckungen und Schieferplatten losgerissen, der Turmhahn zerknickt und die Schallläden beschädigt worden. Daher wurden die Sakristei, die Südseite des Langhauses, der Chor und der der Turm völlig neu eingedeckt sowie der Turmhahn erneuert. Auch viele Steinschäden am Maßwerk der Turmfenster, an den Kreuzblumen, den Gesimsen, an den Turmecken sowie den Strebepfeilern des Schiffes waren in aufwendiger Arbeit zu beseitigen. Die in den Außenmauern des Chores eingelassenen mittelalterlichen Epitaphien wurden von der Restaurierungsfirma Born gereinigt und gefestigt. Außerdem musste der gesamte Putz am Turm und an der Nordseite abgeschlagen und neu aufgetragen werden. Dazu der Außenanstrich mit dem gemalten Ecksteinmuster in Sandsteinfarbe. Die gesamten Maßnahmen kosteten rund 850.000.- €.
links: Montage des neuen Turmhahns im Dezember 2014. Links Rudolf Post, rechts Kunstschmied M. Gradinger, der den Hahn fertigte. (Foto: P. Kayser)


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© Rudolf Post, Dezember 2012
letzte Änderung: August 2018

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